• Gestern war es ein ruhiger Tag, an dem man sich über die Lächerlichkeit von gezielt gestreuten Gerüchten über angebliche OPEC-Treffen keine Gedanken machen musste. Es gab nämlich zur Abwechslung keine. Das EZB-Meeting brachte kaum Impulse, was mich nicht wirklich wunderte. Nach der „Bazooka“ des letzten Meetings (Zinssenkung, Ausweitung der Wertpapierkäufe, Tender) war wohl doch klar, dass man diesen Schuss erstmal wirken lassen wollte. So bat Draghi denn auch um Geduld und signalisierte, dass in unmittelbarer Zukunft erstmal von der EZB nichts weiter zu erwarten sei. „Geduldig“ kam freilich nicht bei allen Marktteilnehmern gut an. QE-Junkies wollen mehr, und zwar schnell.  In der Sitzung selbst wurde auch nicht über Helikoptergeld gesprochen, auf der Pressekonferenz aber danach gefragt. Vom Tisch ist dieser Schwachsinn damit natürlich nicht. Super-Mario nannte es im März ein „interessantes Konzept“. Wie wir es von unseren Keynesiaristen gewohnt sind, wurde natürlich wieder darauf hingewiesen, dass man jederzeit mit allen möglichen Dingen nachladen könne, falls der Versuch ins Stocken geraten sollte, unser Geld weg zu inflationieren.
  • Der Italiener ließ es sich aber nicht nehmen, die jüngste Kritik aus Deutschland als Angriff auf die Unabhängigkeit der Zentralbank darzustellen. Gleichzeitig warnte er davor, dass eben diese Kritik dazu führen könnte, dass die EZB gegebenenfalls noch mehr machen müsse. Da blieb mir die Spucke weg. Ich wusste nicht, ob ich hysterisch lachen, oder heulen sollte. Salopp übersetzt war das ein klares: Schnauze Michel!!! Ebenso frech empfand ich die Spitzen gegen Finanzminister Schäuble. Wie lange lassen wir Deutschen uns das eigentlich noch gefallen?!?
  • Einen interessanten Punkt brachte der von mir sehr geschätzte Chefvolkswirt von Bankhaus Lampe, Alexander Krüger. Wir haben mittlerweile schon Mitte April 2016. Das Wertpapierkaufprogramm der EZB endet offiziell in 11 Monaten. „Meint es die EZB mit März 2017 aber ernst, müsste sie 2016 eine Exit-Idee lancieren“, schrieb der Volkswirt gestern. Hmm,…..vollkommen richtig, sagte ich und erinnerte mich daran was am Markt passierte, als die Fed das erste Mal „tapering“ ins Spiel brachte.
  • Ohne neue OPEC-Gerüchte und QE-Hoffnung wird es natürlich jetzt für den Dax sehr schwer, die nächste wichtige Hürde von 10.520 zu nehmen. Dieses Unterfangen ist insbesondere dann aussichtslos, wenn, wie gestern geschrieben, die US-Indizes nicht mitmachen. Während der Dax aufgrund der Euroschwäche (EUR/USD 1,1400 auf 1,1285) am Nachmittag sich noch mit einem kleinen Plus von 0,14% bis zur Schlussglocke retten konnte, schaltete die Wall Street einen Gang zurück (S&P -0,52%, Dow Jones 0,63%). Dasselbe tat der Ölpreis, nachdem Libyen, oder was auch immer Dank Obama vom einst reichsten Land Afrikas übrig geblieben ist, eine Verdopplung der Ölproduktion bekanntgab. Bei den Einzeltiteln brachten Google, Microsoft, Starbucks und Visa die Story von der „besser als erwarteten“ Berichtssaison endgültig zu Fall. Deren Quartalszahlen enttäuschten. Die Aktien kamen nachbörslich deutlich unter Druck. GOOGL -6,5%/MSFT -3,9%/SBUX -4,11%/V -6,14%. Aktienbullen dürften beim Anblick dieser Zahlen nun wirklich langsam die Argumente ausgehen. Am heutigen Vormittag (NY time) legen McDonald’s, General Electric, Caterpillar und Honeywell ihre Quartalszahlen vor.
  • Werfen wir heute nochmals einen Blick auf die Technik. Einige Analysten machten die Tage darauf aufmerksam, dass wir im S&P und Dow Jones kurz vor der Ausbildung eines sogenannten „Golden Cross“ stehen. Dieser liegt vor, wenn die 50-Taglinie die 200-Tagelinie von unten nach oben durchstößt. Eine solche Entwicklung in der Charttechnik wird oft als Kaufsignal gewertet. Das Gegenteil liegt vor bei einem „Death Cross“. Hier durchstößt die 50-Tagelinie die 200-Taglinie von oben nach unten. Dieses Signale sind zwar nicht unumstritten, werfen aber auch ein ums andere Mal verlässliche Hinweise ab. Ich denke weiterhin, dass wir ein Top ausbilden und die Wand der jetzt bevorstehenden Widerstände (die Hochs des Sommers 2015) unüberwindbar sein wird. Auf die Divergenzen in der Stochastik machte ich die Tage bereits aufmerksam (RSI, MACD). Gleichzeitig droht ein Ausbruch aus einer sehr spitzen Keilformation nach unten. Ich gehe somit davon aus, dass ein „Golden Cross“, wenn wir ihn denn überhaupt bekommen, ein Fehlsignal sein wird. So war es auch im Dezember 2015 (siehe Kreis). Damals ging es im S&P danach um 10% nach unten.

 

S&P500

S&P AprilQuelle: VWD

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