• Alleine die Tatsache, dass die „Remain-Kampagne“ an Momentum zu gewinnen scheint und in einigen Umfragen vorne liegt, reichte, um an den Märkten für Risikoanlagen ein gigantisches Kursfeuerwerk auszulösen. Das Opening Gap im Dax nach oben war dabei so monströs (264 Zähler), dass man fast hätte meinen können, dass endgültige Wahlergebnis wäre schon bekannt. Es ist schon unglaublich, was für Bewegungen Telefonbefragung von 1.000 Personen an den Märkten auslösen können. Umfragen, der letzten zwei Tage, die das Brexit-Lager noch immer vorne sehen, wurden dagegen komplett ignoriert.
  • Auch das Ergebnis der Kommunalwahl in Italien, bei denen die Wähler der Partei von Ministerpräsident Renzi einen herben Denkzettel verpasst haben (Fünf-Sterne Protestpartei stellt Bürgermeisterin in Rom und Turin!!!), spielte gestern ebensowenig eine Rolle, wie die extrem schwachen Zahlen zum japanischen Außenhandel und die stark gefallenen Erzeugerpreise in Deutschland (Deflation 33 Monate in Folge). Ersteres macht die am Wochenende anstehende Wahl in Spanien noch spannender. Die etablierten Parteien in Europa verlieren auf breiter Front.
  • Fakt ist, dass es sich bei der Bewegung am Aktien- und Devisenmarkt größtenteils um einen „Short Squeeze“ handelte, da man sich in der letzten Woche sehr defensiv positioniert hatte. Absicherungsgeschäfte wurden gestern stark zurückgefahren. Es wäre sehr verwunderlich, wenn sich der Markt nach der ersten Euphorie ab jetzt nicht doch etwas vorsichtiger an den Donnerstag herantasten würde. Buchmacher beziffern die Wahrscheinlichkeit eines Brexits bei nur noch 30%. Ich denke allerdings, 50/50 ist realistisch. Ein Anhalten der Aufwärtsbewegung am Aktienmarkt wäre ein blindes Vorwegnehmen eines Nichtaustritts der Briten. Aggressiv darauf zu setzen wäre russisches Roulette! Nach dem Closing in Europa, gaben die amerikanischen Aktienindizes denn auch Teile ihrer Kursgewinne wieder ab (Hoch im S&P 2.100, dann „Fade“ mit Closing 2.083). Auch sollte nicht vergessen werden, dass jetzt noch weitere wichtige Ereignisse auf dem Plan stehen. Es steht die OMT-Entscheidung des BVerfG an, die Anhörung von Draghi und Yellen, sowie die TLTRO-Zuteilung.
    Alles in allem wird es wohl einer der aufregendsten Phasen des Jahres werden. Das Kurspotential in allen Anlageklassen ist in beide Richtungen gewaltig. Insbesondere bei den Aktien ist das der Fall. Die „Downside“ dürfte hier vielleicht noch größer sein als die „Upside“, denn die „Shorties“ sind in den Markt gespült.
  • Der britische Schatzkanzler George Osborne schließt am Freitag nach Angaben des Telegraph im Falle eines Wahlsieges der Brexit-Befürworter ein Aussetzen des Handels an der Londoner Börse nicht aus. Die Zeitung beruft sich dabei auf ein LBC-Radiointerview vom Montagabend. Der Politiker bewegt sich damit auf dünnem Eis. Diese Warnung ist nicht ungefährlich. Alleine das Androhen solcher Maßnahmen, kann zu Panikverkäufen führen. Er hätte diesbezüglich vielleicht einmal die Chinesen um Rat fragen sollen. Diese haben sich damit Anfang des Jahres gehörig die Finger verbrannt. Gleichzeitig nutzte er natürlich die Gelegenheit und warnte seine Landsleute vor massiven Arbeitsplatzverlusten, falls es zum Brexit käme.

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