• Der Handel an der Wall Street war zwar gestern etwas aktiver als am Montag, trotzdem ging es insgesamt wieder sehr verhalten zu. Schwächere Zahlen zum Einzelhandel, enttäuschende Unternehmensbilanzen (VRX, Jefferies), niedrigere Ölpreise (-2%) und die allgemeine Zurückhaltung vor dem heutigen Zinsentscheid drückte auf die Stimmung. Zudem zeigten Aktien auf aktuellen Niveaus in der Technik eindeutige Ermüdungserscheinungen (S&P < 200MA).
    Es kam dabei nicht zu großen Verkäufen oder Shorts, aber die Nervosität ist dennoch spürbar gestiegen. „Buy Backs“ von US-Unternehmen verhinderten gestern allerdings größeren Schaden in den Indizes. Ohne diese Käufe, wären wir sicherlich deutlich schwächer aus dem Handel gegangen. Bald geht die Berichtsaison der US-Unternehmen für das erste Quartal los. Die sogenannte „blackout period“ wird dann wieder aktiv. Während dieser Zeit dürfen Unternehmen keine eigenen Aktien zurückkaufen. Oft ging das in letzter Zeit einher mit sinkenden Aktienindizes.
  • Die Entscheidung der Fed wird heute übrigens bereits um 19:00 Uhr unserer Zeit verkündet, nicht wie üblich um 20:00. Das liegt daran, dass die Amerikaner die Zeitverschiebung schon am letzten Wochenende durchführten. Die Wahrscheinlichkeit einer Zinserhöhung beziffert der Markt bei ca. 4%. In der Tat ist wohl anzunehmen, dass die Notenbanker nicht an der Zinsschraube drehen. Wie gestern aber geschrieben, wäre das Zeitfenster perfekt für einen „hike“ um weitere 25 Basispunkte. Ich schließe das nicht aus. Die tatsächliche Wahrscheinlichkeit liegt wohl denn auch eher in Richtung 25 bis 30%. Käme ein solcher Schritt, würde es die Märkte mächtig durchschütteln. Auch wenn der Zins unverändert bliebe ist anzunehmen, dass schon eine „hawkishe“ Rhetorik den Risikoanlagen ebenfalls nicht schmecken durfte (siehe gestrigen Kommentar).
  • Jetzt rücken außerdem die Präsidentschaftswahlen in den USA immer mehr in den Fokus der Wall Street. Klar ist, im Herzen des Kapitalismus (lol), wünscht man sich nichts lieber als die Sozialistin Clinton als Nachfolgerin ins Weiße Haus. Der wachsende Erfolg Trump’s, ist den Märkten nicht geheuer. Nicht nur die Demokraten sind in heller Aufregung, auch die Republikaner schmiedeten zuletzt Pläne, wie sie den Siegeszug dieses Mannes beenden können.
    Der von mir sehr geschätzte Philosoph, Mathematiker und Autor des Buches „Black Swan“, Nassim Taleb, schrieb kürzlich vollkommen treffend: „People are not voting for Trump (or Sanders). People are just voting finally, to destroy the establishment.“ (Huch, fast erwischte ich mich gerade bei der Frage, ob das bei den jüngsten Landtagswahlen in Deutschland nicht auch so ähnlich gewesen sein könnte). Egal, eines steht fest – Setzt Trump sich als Kandidat bei den Republikanern tatsächlich durch, wird der Markt bis zum Wahlabend jedes Mal extrem verschnupft reagieren, sollte er in Umfragen gleich auf liegen mit der Ehefrau von Monica Lewinsky’s Ex-Boyfriend. Ebenfalls aus Taleb’s Munde stammt übrigens der Hinweis: „BTW, Trump was loved by his butlers while Hillary was hated by her bodyguards.“
    Bevor wir den amerikanischen Wähler pauschal als rückenmark-gesteuerten Einzeller verurteilen, empfehle ich den heutigen Artikel im Handelsblatt. Hier werden die Gründe für Trump’s Erfolg dargelegt. Sehr lesenswert (siehe meinen Blog)!
  • Gestern war der „Super Tuesday“. Es standen Vorwahlen (Primaries) in Florida, Illinois, Missouri, North Carolina und Ohio an. Diese könnten eine Vorentscheidung bringen, denn Gewinner in diesen Staaten bekommen alle restlichen Delegiertenstimmen. Besonders bedeutend ist Florida (99 Delegiertenstimmen) und Ohio (66). Clinton konnte sich, so wie es aussieht, bei den Demokraten in allen fünf Staaten durchsetzen. Bei den Republikanern gewann Trump wohl Missouri, Illinois, North Carolina und Florida, weshalb Rubio seine Bewerbung zurückzog (Florida = Heimatstaat). Kasich gewann in seinem Heimatstaat Ohio und bleibt dabei, obwohl er rechnerisch keine Chance mehr auf eine Kandidatur hat. Cruz bleibt an zweiter Stelle hinter Trump im Rennen. Jetzt bleiben noch 24 Staaten, in denen Vorwahlen abgehalten werden.
  • Am Markt für Unternehmensanleihen haben wir es seit Freitag mit einer Flut an Neuemissionen zu tun. Das liegt an der der Entscheidung der EZB, auch Corporate Bonds mit in das Anleihekaufprogramm aufzunehmen. Anleger reißen sich um die Papiere in der Hoffnung, dass die Kurse hier noch weiter durch die Decke gehen. Nachdenklich machte mich daher die Meldung, dass Transurban Queensland die am Vormittag angekündigte Anleihe doch nicht bringen wolle (angedacht war: €500Mio, 8 Jahre, BBB Rating, MS+175bp). Es wurde zwar beteuert, das Orderbuch sei ausreichend gefüllt, aber trotzdem „due to the volatile market backdrop and in the best interest of the transaction“……wurde die Notbremse gezogen. Uiuiui, sind da vielleicht doch etwas zu viele Emissionen in der Pipeline?!?

Schreibe einen Kommentar