Aufgrund der positiven Vorgaben aus Asien, startete der Dax (+0,63%) gestern freundlich in die neue Woche. Die Tageshochs knapp unter der 10.500er Marke konnten allerdings nicht gehalten werden. Die Amis machten nicht richtig mit. An der Wall Street bröckelten die Kurse nach einem ansehnlichen Start zurück auf ihre Ausgangsniveaus (Dow -0,08%, S&P -0,09%). Dies war ein bisschen verwunderlich, da der Ölpreis gleichzeitig kräftig anzog (+2,6%). Hier gab es Headlines, wonach Venezuela ein OPEC/Non-OPEC Meeting in Sachen Fördermengen anstrebe. Algos reagierten in gewohnter Weise und katapultierten das schwarze Gold in die Höhe (WTI < 43$). Die „Panik Käufe“ am Aktienmarkt, die das in der Vergangenheit oft mit sich brachte, blieben diesmal aus. Gemessen am Handelsvolumen, war es am US-Markt gestern der ruhigste Tag seit Thanksgiving 2015.

Unter der Überschrift „Chronifizierung“ brachte gestern die Commerzbank eine interessante Analyse zum Euroraum, die auch als Kolumne in der FAZ erschien. Jörg Krämer, der Chefvolkswirt, machte darin auf die vielen ungelösten Probleme des Euroraums aufmerksam und das diese „chronisch“ zu werden drohen. Anders als die Amerikaner, nutzte man die durch die Niedrigzinspolitik der EZB „erkaufte“ Zeit nicht, um die Bilanzen der Banken und Privathaushalte zu sanieren. „Statt die grundlegenden Probleme zu lösen, schieben viele Regierungen die notwendigen Einschnitte auf und wursteln sich auf Kosten anderer Länder durch“, schreibt Krämer.
Auf den Tag genau vor 9 Jahren begann die Finanzkrise. Banken liehen sich damals gegenseitig selbst für nur eine Nacht keinen einzigen Euro mehr. Die Zinsen am Geldmarkt schossen in die Höhe. Eben diese Krise sei noch lange nicht beendet, da das Zeitfenster nicht genutzt wurde, ….“wie die darbenden italienischen Banken zeigen.“ Aus diesem Grund halte die derzeitige Krise im historischen Vergleich auch so ungewöhnlich lange an. Die im Sommer 1997 ausgebrochene Asien-Krise beispielsweise war nach nur 2 Jahren vorbei. Krämer führt weiter aus: „Die ungewöhnliche Krisenlänge im Euroraum läßt sich auch am BIP ablesen: Erst Anfang 2016 erreichte es wieder sein Vorkrisenniveau. Im Durchschnitt aller Banken- und Finanzmarktkrisen seit 1980 hatte das dagegen nur gut 2 Jahre gedauert.“

Ich stimme dem Kollegen zu. Es wird chronisch. Ein schönes Beispiel, warum Politiker sich aktuell nicht dazu veranlasst sehen, dem Wahlvolk schmerzhafte Strukturreformen zuzumuten, sahen wir gestern. Erstmals überhaupt, sank die Rendite der 10 jährigen spanischen Staatsanleihen auf unter 1%. Warum sollten Regierungen handeln, wenn ein von Draghi manipulierter Markt Ihnen die Refinanzierung zu solchen Bedingungen ermöglicht?!? Klassisches „Moral Hazard“!!!
Ein bekannter US-Fondsmanager sagte einmal, dass nicht die Liebe, sondern der Anleihemarkt „the greatest power in the world“ sei. Dieser brächte mit seinen Kräften sogar ganze Regierungen zum Einsturz. Als die Renditen der Peripherie 2012/2013 in Richtung 7% und höher schossen, „zwangen“ die Märkte die Regierungen im Süden Europas noch zum Handeln und war auch gut so. Diese letzte Kontrollinstanz über unsere Politikerkaste gibt es nun nicht mehr.

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