• In den USA führte die Kursschwäche an den letzten beiden Handelstagen dazu, dass der S&P Index mit -0,73% erstmals seit 2011 auf Jahresbasis im Minus schloss. Der Dow Jones, letztmalig 2008 im Minus, verlor in der gleichen Zeit -2,23%.
  • Bei den Einzeltiteln stach die Underperformance der Apple Aktie mal wieder ins Auge. Zum ersten Mal seit 2008 schloss der Börsenliebling der letzten Dekade das Jahr im Minus. Das sind -4,5% seit 31.12.2014 (-25% seit dem ATH im Mai). Es zeigt was mit Technologie-Stars passiert, wenn diese in Punkto Gewinnwachstum, -marge, Umsatz, Innovation und Wettbewerb in Ungnade fallen, wenn Erwartungen der Analysten verfehlt werden. Man mag entgegenhalten, dass Apple im kommenden Frühling mit neuen Produktinnovationen den Markt beglücken wird. Ja, aber das haben sie vorletztes und letztes Jahr auch gemacht und werden es dieses, nächstes und übernächstes Jahr weiterhin tun. Es geht aber an den Börsen immer (!) um „Expectations“ (Erwartungen) und „the rate of change“ (um die Dynamik einer Veränderung). Wehe die Erwartungen werden nicht mindestens erfüllt, schnell ist „gut“ dann „nicht mehr gut genug“ und ehemalige Überflieger werden knallhart bestraft.
  • Das ist meinerseits natürlich ein Wink mit dem Zaunpfahl in Richtung der FANG-Aktien (Facebook, Amazon, Netflix, Google), die als Indexschwergewichte maßgeblich dazu beigetragen haben, dass die Indizes überhaupt die aktuellen Niveaus halten konnten. „Chase the FANGs until it breaks,“ sagte ein Analyst treffend im US-Fernsehen kurz vor Jahresultimo beim Ausblick auf 2016. Wehe diese Aktien, die aberwitzig hoch bewerten sind, verlieren ihren Charme. So war es während der DotCom Blase im Jahr 2000, als „The Four Horsemen of the New Economy“ (Cisco, Dell, Intel, Microsoft) plötzlich aus der Mode waren. „If it was a (previously) loved stock, it goes down a lot,“ füge ich denn auch warnend hinzu.
  • Das Ende eines jeden Konjunkturzyklusses, einer jeden Aktienhausse geht immer einher mit einer sich dramatisch verschlechternden Marktbreite (breadth). Das heisst, Aufwärtsbewegungen werden von immer weniger Aktien in den Indizes getragen. Das waren zuletzt die FANG-Aktien. Das ist ein typischen Phänomen für Bullenmärkte in ihren allerletzten Zügen. „You run out of stocks to buy“!!!
  • Auch am Anleihemarkt war im abgelaufenen Jahr kein Blumentopf zu gewinnen. Zu schwer wiegt die Angst vor einer restriktiven Geldpolitik der amerikanischen Notenbank. Die meisten Staatsanleihen Benchmarks, allen voran Bundesanleihen und US-Treasuries, handeln in ihrer Rendite höher (im Kurs niedriger) als am 31.12.2014. Daran hat auch Herr -„whatever-it-takes“-Draghi mit seinem massiven Kaufprogramm nichts ändern können. Wir haben es in diesem Segment mit einer oder gar zwei Generationen von Marktteilnehmern zu tun, die noch niemals in ihrer Karriere einen Bärenmarkt miterleben durfte(n). Sprich, anhaltend steigende Renditen und fallende Kurse. Die Volatilität am Anleihemarkt überstieg in 2015 stellenweise die Volatilität des Aktienmarktes, ein äusserst seltneres und gefährliches Phänomen und möglicherweise ein Vorbote für Schlimmeres. Anfang der 80iger Jahre gab es so etwas schon einmal. Damals, um es mit den Worten meines ehemaligen Chefs und Mentors auf dem Tradingfloor zu formulieren, bin ich „noch mit der Blechtrommel um den Tannenbaum gelaufen.“
  • Spass beiseite! Den Blick weit in die Vergangenheit, oder die Erfahrung der alten Hasen, sollte sich ein jeder zu Herzen nehmen, der aktuell einem Zinsänderungsrisiko ausgesetzt ist. Das gilt für Immobilienbesitzer gleichermaßen wie für Investoren in Zinsprodukten. Der Zins ist und bleibt der alles bestimmende Preis in einer Volkswirtschaft. Ich erinnere mich an ein Gespräch mit einem von mir sehr geschätzten Anleihehändler und Leser älteren Semesters. Er erzählte mir wie brutal es mit den Anleihekursen Anfang der 90iger Jahre nach unten ging, als der Bundesbankpräsident im Zuge der Wiedervereinigung allen politischen Widerständen zum Trotz an der Zinsschraube drehte.
  • Kurzum, was das sogenannte Durationsrisiko für ein Vermögen in Phasen steigender Zinsen bedeutet, haben viele Marktteilnehmer im Ansatz 2015 bereits schmerzhaft erfahren dürfen. Ja, auch eine „sichere“ Staatsanleihe kann innerhalb kürzester Zeit von 100 auf 80 fallen!!! Noch, haben sich die Anleihemärkte aber einigermaßen halten können, da erwartet wird, dass die amerikanische Notenbank aufgrund einer bevorstehenden Rezession die Geldpolitik wieder lockert. Die Verflachung der Zinsstrukturkurve spiegelt das wider. Sollte der Markt mit dieser Annahme aber falsch liegen, könnte es ganz schnell höchst ungemütlich werden. Ob dann steigende Renditen spurlos am Aktienmarkt vorbeigehen, darf bezweifelt werden.
  • Erschreckend geht es bereits bei den Ramschanleihen zu, bei Papieren mit Bonität unter BBB-. Auch Unternehmensanleihen mit guter Bonität liessen sich davon zuletzt immer wieder anstecken.
    Die Politik des billigen Geldes hat viele Unternehmen die letzten Jahre dazu verleitet, sich mit Fremdkapital vollzuladen. Hauptsächliches Ziel war dabei meist, mit den Erlösen eigene Aktien zurückzukaufen. Das Spiel ist jetzt vorbei und die Quittung ist da. Der Aktienmarkt selbst hat nicht nur seinen Haupttreiber verloren („Buybacks“), nein, viele Anleihen der überschuldeten Unternehmen finden keine „Bids“, also Abnehmer mehr. Zum oben genannten Durationsrisiko gesellt sich das „Liquiditätsrisiko“, das Risiko, eine Position überhaupt nicht mehr verkaufen zu können. „The market has gone bid-less.“ Im vergangenen Jahr mussten deswegen bereits Fonds geschlossen werden. Nicht nur Spekulanten, auch konservative Anleger, die in einer Niedrigzinswelt auf der Suche nach Rendite Anteile kauften, bangen plötzlich nicht mehr um verpasste Basispunkte, sondern um ihr Vermögen als Ganzes. Der iShares iBoxx $ HY Corp Bond ETF verlor in 2015 -10%. Auch Schirmpreise auf solide Papiere, so war es unzählige Male in 2015 zu beobachten, stellten sich als Wunschtraum heraus, wenn man tatsächlich verkaufen wollte. Die „handelbaren“ Kurse lagen deutlich darunter. Man bedenke, dass Anleihepositionen bei der Berechnung des NAVs der Fonds zu Schirm- und nicht zu tatsächlich handelbaren Preisen bewertet werden. Wir fühlen uns bestätigt mit dem Entschluss, im Laufe des Jahres 2014 bis zum Frühjahr 2015 in mehreren Schritten praktisch den gesamten Anleihebestand abgebaut zu haben. In den vor uns liegenden Monaten wird es möglicherweise wieder Kaufgelegenheiten geben. Es wird nach langer Zeit wie 2008/2009 über „stock picking“ vielleicht möglich sein, sich hier wieder vorsichtig vernünftige Renditen „einzulocken“. Kupons also, bei denen man für das eingegangene Risiko entschädigt wird. Noch ist es dafür aber zu früh.
  • Die starken deflationären Kräfte werden der dominante Faktor auf der Makro-Ebene bleiben, solange wir eine Divergenz in der Geldpolitik der führenden Industriestaaten haben. Da beisst die Maus keinen Faden ab. Auf der einen Seite hat die amerikanische Notenbank den ersten Zinserhöhungszyklus seit einer Dekade eingeläutet. Auf der anderen Seite stehen die Zentralbanken der restlichen Wirtschaftsblöcke (EZB, BoJ, BoE, PBoC) mit expansiver Geldpolitik. Per Saldo wird das den US-Dollar weiter beflügeln. Das ist ein hoch deflationärer Effekt und zwar nicht nur in der Welt der Rohstoffe (Öl 2015 -30,47%, 2014 -47%). „Bottom fishing“, sprich Kaufgelegenheiten, wird es in vielen Anlageklassen solange nicht geben, wie diese „policy divergence“ Bestand hat. In solchen Zeiten ist es ratsam, in der Deckung zu bleiben und sich bewusst zu machen, dass „Cash“ eine Anlageklasse ist und keine Residualgröße. Das vergangene Jahr hat gezeigt, dass Cash in Zeiten der Deflation an Wert gewinnt. Das sticht nicht nur an der Zapfsäule ins Auge, auf deren Anzeige der Liter Diesel wieder 1 zu 1 mit dem Euro mitläuft. Cash hat 2015 praktisch alle anderen Anlageklassen in der Wertentwicklung geschlagen.
  • Den Comeback des Jahres feierte Bitcoin mit einem Verdoppler im Preis gegen Euro und Dollar. „First they ignore you, then they laugh at you, then they fight you…..and then you win.“ Banken haben es endlich verstanden und sehen ihre Felle davonschwimmen. Mittlerweile suchen viele Institute fast hektisch nach Möglichkeiten, die Blockchain für ihre Geschäfte zu nutzen. Unternehmen wie IBM versucht sich gar in der Kreation einer eigenen Blockchain. „Then they copy you“, möchte man hinzufügen. Es erinnert an die 90iger Jahre, als viele Firmen als Reaktion auf das Internet ein eigenes Intranet gründeten. Der Ausgang ist bekannt.
  • Das dritte Jahr in Folge hat Gold dagegen ein Minus verzeichnet (2013 -28,8%, 2014 -0,2%, 2015 -11,4%). Viele Analysten und die MSM machen uns nun weiß, dass aufgrund des Zinserhöhungszykluses der Fed die Opportunitätskosten für das gelbe Metall derart steigen werden, dass weitere Kursverluste unausweichlich sind. Dabei zeigt ein Blick in die Vergangenheit, dass diese Sichtweise in kleinster Weise empirisch haltbar ist. Auch wird gerne verschwiegen, dass es gegen andere Währungen gemessen lange nicht so schlecht aussieht. EUR -1,3%, AUD -0,9%, CAD +6%, NZD +1,1%, MXN +4,3%, RUB +9%, ZAR +19,1%. Ich bleibe als Anhänger der „österreichischen Schule“ bei meiner Meinung: Echtes „GELD“ schreibt man mit „O“!
  • Fassen wir auch zum Jahresanfang die Technik der Aktien noch einmal zusammen. Selbst eine kleine zwischenzeitliche „Santa Rally“ konnte nicht verhindern, dass der maßgebliche S&P Index zum 31.12. unter der 50 und 200 Tageline schloss. Im Wochenchart befinden wir uns unter dem 8 und 50 Wochendurchschnitt, im Monatschart unter der 5 Monatsdurchschnittslinie. Charttechnisch deutet vieles auf eine Top-Bildung, wie wir sie 2000 und 2007/2008 erlebt haben. Dax & EuroStoxx liefen aufgrund der EZB-Phantasie zwar besser (+10% und +7% inkl. Div), schlossen aber sehr deutlich unter ihren Jahreshochs (ca. -13% vom ATH). Ein Muster haben die Indizes seit dem Frühjahr gemeinsam. Ein „pattern“ aus „lower highs“. Es bedeutet, dass anders als die Jahre zuvor, seit Frühling in jede Marktstärke hinein verkauft wurde. Die sonst übliche Saisonalität (feste Märkte im dritten Präsidentschaftsjahr, Thanksgiving & Weihnachten) liess die Bullen bisher im Stich. Sie hoffen weiter und zwar jetzt auf die saional übliche Jahresanfangshausse. Wie in einem meiner letzten Kommentare des abgelaufenen Jahres bereits beschrieben, die Bullen brauchen jetzt sehr schnell einen starken Ausbruch in den Aktienindizes nach oben. Sie brauchen einen großen Befreiungsschlag, sonst übernehmen die Bären das Feld. In ein paar Tagen wissen wir mehr.
  • Am Wochenende ist der Streit zwischen Saudi-Arabien und dem Iran nach der Hinrichtung eines prominenten schiitischen Geistlichen eskaliert. Das Königreich erklärte, die diplomatischen Beziehungen würden abgebrochen. Ein daraufhin festerer Ölpreis konnte die Märkte in der Nacht nur anfänglich beflügeln. Nach schwacher chinesischer Industrieproduktion hat die Börse in Shanghai mit einen Crash denkbar ungünstige Vorgaben für den Jahresstart bei uns hingelegt. Der Shanghai Composite fällt um fast -7% (!!!), worauf der Handel ausgesetzt wurde. Dieser automatische Stoppmechanismus wurde damit gleich an dem Tag aktiviert, an dem er in Kraft trat. Ein zusätzlicher Belastungsfaktor ist das Auslaufen einer Haltefrist für Aktien in China. Im Laufe der ersten Woche des Jahres endet eine sechsmonatige Haltepflicht für große Investoren, die ihnen im Sommer auf dem Höhepunkt der Turbulenzen auferlegt worden war. Auch den japanischen Nikkei zog es mit -3,06% nach unten. Der Yen handelte in diesem „risk off“ Umfeld wie üblich fester. USD/JPY rutscht unter 120,00. Der Dax dürfte nach ersten Schätzungen mit einem Opening-Gap von rund 2% nach unten eröffnen.
  • Die EU-Antibetrugsbehörde Olaf hat Volkswagen wegen der Abgas-Affäre vor finanziellen Konsequenzen gewarnt. Der Autobauer habe von der Europäischen Investment Bank EIB günstige Kredite erhalten, um umweltfreundliche Motoren zu entwicklen. Im schlimmsten anzunehmenden Fall müsse VW die noch ausstehenden Kredite sofort zurückzahlen. Der Autozulieferer Continental rechnet wegen der Affäre um manipulierte Abgassoftware bei Volkswagen mit einem Aussterben der Diesel-Technologie in den USA und Asien. „Es ist zu befürchten, dass die Vorgänge der vergangenen Wochen das Aus für den PKW-Diesel in Märkten wie Nordamerika, Japan und China bedeuten werden“, sagte Conti-Chef Degenhart der „Börsen Zeitung“.
  • Ich wünsche all meinen Lesern ein frohes, gesundes, glückliches und erfolgreiches „Neues Jahr 2016“!!!

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