• Erstmals seit Bestehen meines Marktkommentars, habe ich mir für ein paar Tage eine schöpferische Pause gegönnt. Heute melde ich mich zurück.
    Ähnlich wie bei vielen Marktteilnehmern und Wählern, machte sich bei mir Ernüchterung breit. Alles, was man sich von Trump erhofft hatte, scheint innerhalb weniger Tage in weite Ferne gerückt zu sein. Seine Versprechen, weniger Kriege, Bekämpfung der Fed, Reform von Obamacare, Steuersenkungen, Deregulierung und vor allem weniger Staat & Goldman, haben sich in Luft aufgelöst. Was Obama erst nach knapp zwei Jahren schaffte, mich maßlos zu enttäuschen, schaffte Trump in nur zwei Monaten.
  • Ich habe an dieser Stelle zwar immer wieder beteuert, dass ich kein ausgesprochener Trump-Fan bin, Ron Paul ist mein Mann, habe aber ob der unsäglichen Berichterstattung der Lückenpresse, oft genug eine Lanze für ihn und seine Vorhaben gebrochen. Insbesondere, dass er einige Libertäre wie Peter Thiel um sich versammelte, stimmte mich erstmals seit vielen Jahren hoffnungsvoll. Ich glaubte an ein langsames Ende dessen, was der von mir sehr geschätzte Bestsellerautor, Banker und Rechtsanwalt James Rickards in seinem neuesten Buch als „Liberal Fascism“ bezeichnet. Achtung, „Liberalism“ steht für die amerikanische Linke und ist nicht mit dem zu verwechseln, was wir hier in Europa als „Liberalismus“ verstehen.
  • Worauf will ich hinaus? Nun, was unter Präsident Woodrow Wilson 1913 begann – Gründung des ersten Propagandaministeriums, Verstaatlichung von Betrieben unter dem „War Industries Board“, Einführung der Einkommensteuer, Einschränkung der Presse- und Redefreiheit mit dem „Espionage- und Sedition Act“, Verhaftung zehntausender Bürger, Gründung der Fed – setzte Franklin D. Roosevelt (Goldverbot 1933 u.v.m.) und all seine Nachfolger mit dem „New Deal“ fort. Es ist die nicht mehr endende Serie von Wirtschafts- und Sozialreformen bis in die Gegenwart, welche den freien Markt schrittweise abschaffte und die persönlichen Freiheitsrechte eines jeden Bürgers immer weiter beschnitten. Dazu gehören neben vielen anderen Maßnahmen: „The Great Society“ unter Johnson, „Wage and Price Controls“ unter Nixon, „No child left behind law“ & „Homeland Security Act“ unter den Bushs, „Affordable Housing“ unter Clinton bis hin zum nicht finanzierbaren „Obamacare“. Stets wurden dafür Kriege & Krisen als Vorwand herangezogen (Panik von 1907, WW1, Große Depression, WW2, Ermordung Kennedys, Watts-Unruhen, LTCM 1998, 9/11, Subprime Krise 2007/2008……..). Rickards, mit Verweis auf den genialen Schumpeter, schreibt in „The Road to Ruin“ zu den langfristigen Folgen für die steuerzahlende Mittelschicht: „In other words, middle-class incomes are stagnant even as the rich get richer. Socialism in the form of government transfer payments mitigated some, but not all, of the impact. This is exactly what Schumpeter predicted – socialism’s rise, not by revolution, but by stealth, using capitalist wealth to buy off the working class while crushing the bourgeosie.“ Sehr lesenswerte Beiträge zur Mittelschicht:

http://www.zerohedge.com/news/2017-04-22/visualizing-collapse-middle-class-20-major-us-cities

http://www.bbc.com/news/uk-39519844

  • Nach allem was in den letzten zwei Wochen passiert ist, möchte ich mich also bei meinen treuen Lesern entschuldigen. Ich dachte Trump könne wirklich in Washington aufräumen. Der Sumpf ist offensichtlich zu groß und zu tief. Vielleicht gehört er ja auch selbst dazu. In jedem Fall aber ist er chancenlos gegen das Establishment. Ein Mitstreiter und ausgewiesener Marktexperte im Mises-Institut scheint wohl recht zu bekommen. Kürzlich entgegnete mir dieser, als ich freudestrahlend auf die Libertären Trumps Beraterstab verwies: „Der Druck auf Trump hinter den Kulissen wird gigantisch (!!!) sein.“ Ich glaubte, dass Trump die seit Jahrzehnten anhaltende Interventionsspirale wird unterbrechen können. Wie naiv von mir! Mea Culpa!
    Was bedeutet das alles? Nun, ich erinnere daran, was ich vor einiger Zeit schrieb. Sollte Trump sich nicht mit seinem zentralen Wahlkampfversprechen durchsetzen, werden viele seiner enttäuschten Wähler nach Linksaußen schwenken. Amerika wird sich dann endgültig im totalitären Sozialismus wiederfinden. Bereits im November 2018 werden 435 Sitze im Repräsentantenhaus und 34 im Senat neu verteilt.
  • Zum Markt. Auf Wochenbasis konnten die Aktienindizes an der Wall Street zwar zulegen, die Technik bleibt aber angeschlagen und wirkt eher topisch. Alle Rallye-Versuche der letzten Zeit wurden abgekauft. Es kam kein Momentum nach oben mehr rein. Daraus ergibt sich ein Muster aus tieferen Hochs und tieferen Tiefs. Der seit Februar gültige Aufwärtstrendkanal im Dax beispielsweise, wurde nach unten durchbrochen. Der deutsche Leitindex fand bisher (noch) gute Unterstützung an seiner 50-Tagelinie. Diese liegt gleichzeitig in der Nähe des unteren Bandes seines seit Anfang April gültigen Abwärtstrendkanals (11.970). Ein „Bounce“ hier war vorprogrammiert. Auch half vor dem Wochenende mal wieder das (bisher leere) Versprechen von Steuersenkungen seitens der Trump-Administration. Sollten wir den Trendkanal aber nach unten verlassen, droht eine deutliche Beschleunigung der jüngsten Abwärtsbewegung. Das Tief vom 22.03 @11.850 dient dann als nächste wichtige Unterstützung. Einige Chartisten sehen das Kursziel für das zweite Quartal im Bereich 11.400/11.500.
  • Die erste Runde in der französischen Präsidentschaftswahl konnte Macron für sich entscheiden. Le Pen belegte den zweiten Platz. Im asiatischen Handel konnte EUR/USD daraufhin zunächst deutlich zulegen und handelte zwischenzeitlich über 1,0900. Marktteilnehmer, die ein Kopf an Kopf Rennen zwischen Le Pen und Melenchon, also den radikalen Flügeln befürchteten, lösten ihre Shortpositionen/Absicherungen auf. Ein Teil der Gewinne wurden zwischenzeitlich allerdings wieder abgegeben (aktuell 1,0846). Eine absolute „Risk Off“-Stimmung kommt nicht auf. Nikkei (aktuell +1,27%) aufgrund des schwächeren Yen (USD/JPY >110,00) zwar fest, dafür handeln chinesische Aktien ausgesprochen schwach. Diese legen die größten Tagesverluste seit drei Monaten hin. Der Shanghai Composite testet die 200-Tagelinie, welche seit September immer wieder als Unterstützung diente. Gold verliert -0,77%. Ich wünsche einen erfolgreichen Start in die neue Woche.

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