• Wie gestern berichtet, haben die Holländer das Assoziierungsabkommen mit der Ukraine in einem Referendum mit einer klaren Mehrheit von 61 zu 38 abgelehnt. Spielte ich des Teufel‘s Advokaten, würde ich jetzt mal behaupten, die Holländer hätten „Nein“ gesagt zu dem Vertrag, mit dem die EU die Ukraine in den Bürgerkrieg getrieben und als Staat zerstört hat. Ich beiße mir aber auf die Zunge. Eines zeigt die Sache aber eindeutig, die Holländer haben Anti-EU und Anti-Establishment abgestimmt. Gleichzeitig scheinen sie auch verstanden zu haben, dass man nicht an der Grenze Russlands rumwurschteln sollte, ohne eben diese an den Verhandlungstisch zu bitten. Das hat übrigens nichts mit dem „Putinversteher“-Schmarrn zu tun, sondern mit gesundem Menschenverstand.
  • In einer Analyse „Kommt jetzt der Nexit“, hat die Commerzbank etwas emotionsloser als ich das Abstimmungsergebnis beleuchtet. Die Volkswirte der Bank schreiben: „Das Referendum hat noch eine größere Tragweite, zeigt das Ergebnis doch die zurückhaltende Einstellung der Bevölkerung gegenüber der EU.“ Sie rechnen zwar nicht mit einem Austritt aus der EU, aber doch mit einem politischen Wandel in Holland. Man werde in Zukunft stärker die Einhaltung der Regeln und mehr nationale Entscheidungskompetenzen fordern. Damit zeichnen sich ähnliche Entwicklungen wie in Großbritannien ab. Nach diesem Bürgerentscheid müsse nun die Erste und Zweite Kammer des niederländischen Parlaments erneut über das Abkommen abstimmen. Holland hatte diesem im Juli letzten Jahres bereits zugestimmt. Das Ergebnis sei jetzt offen. Ministerpräsident Rutte sagte, er wolle die Ratifizierung überdenken. Alle anderen EU-Mitgliedsländer haben dem Abkommen zugestimmt. Der wirtschaftliche Teil wird seit Januar 2016 vorläufig angewendet – vorbehaltlich der Ratifizierung durch alle Mitgliedsstaaten. Sollten die Holländer die Ratifizierung des Abkommens also zurückziehen, wäre es das einzige EU-Land, welches sich dagegen stellt, so die Analysten.
    Tatsächlich sei diese Entwicklung in der Tat ein „Denkzettel“ für die Regierung. EU-Skeptiker haben dieses Referendum ins Leben gerufen und es ging ihnen in Wirklichkeit nie um die Ukraine, sondern um ein „Nexit“, so die Coba weiter. Das mag alles stimmen. Alles in allem ist das Abstimmungsergebnis aber ein Signal an die Regierung, dass die EU-Skepsis in der Bevölkerung steigt. Die Politik sollte sich endlich daran orientieren, auch hierzulande.
  • Nach anfänglicher Euphorie über weiter steigende Ölpreise, bekam der Dax ab dem späten Vormittag einen auf den Deckel. Kaum machte er Anstalten, das wichtige Gap vom Dienstag auf Mittwoch zu schließen (zw. 9.700 und 9.800), ging es wieder bergab (Closing -0,98%, nachbörslich ging es weiter nach unten). Autobauer und Banken gehörten erneut zu den Schlusslichtern. Insbesondere die Talfahrt der Deutsche Bank ist besorgniserregend.
  • Was waren die Gründe für die Aktienschwäche? Zum einen gab der Ölpreis seine Gewinne wieder ab, zum anderen setzte der japanische Yen seine Rallye gegen den USD fort. Nachdem USD/JPY im japanischen Handel bereits die 109,00 trotz Verbalintervention mühelos nach unten durchbrach, fiel das Währungspaar im Laufe des Tages weiter. Damit haben wir in der Charttechnik den Boden des kurzfristigen und mittelfristigen Abwärtstrendkanals nach unten durchbrochen. Die Abwärtsdynamik (Dollar schwach/Yen fest) nimmt also zu. Wir nähern uns nun immer schneller dem 38% Fib der Kursbewegung von 2012 bei 106,63. Knapp darunter liegt die 200-Monatslinie bei 105,87.
  • Mit dem gestrigen Tag hat der Yen seine Kursverluste gegen den US-Dollar komplett wieder aufgeholt, die seit Herbst 2014 nach der Ausweitung des japanischen QE-Programms angelaufen sind. Der erhoffte Effekt der BoJ ist somit komplett verpufft. Immer mehr Marktteilnehmer fragen sich, ob Spekulanten gerade die EZB und BoJ in ihrer Standhaftigkeit testen. Nun, möglich ist es, denn den Zentralbanken gehen im Kampf gegen Deflation die Munition aus. Für tatsächliche Interventionen gab es in den letzten drei Tagen keinerlei Anzeichen. Ich halte Interventionen auch für unwahrscheinlich. Diese würden nämlich nur mit Hilfe der Amerikaner Aussicht auf Erfolg haben. Eben die Amis haben sich doch aber auf dem G20-Treffen („Shanghai Accord“, Yellen’s „dovishe Kehrtwende“) auf eine gezielte Abschwächung des Dollars geeinigt, oder etwa nicht? Habe ich in meinen Morgenkommentaren eigentlich schon erwähnt, dass es keine Gewinner in Währungskriegen gibt??? Doch, Gold!!!
    Die Analysten der Citibank nahmen gestern übrigens ihre Empfehlung für japanische Aktien auf „underweight“. YTD liegt der Nikkei jetzt -17% hinten.
  • In der Vergangenheit wurde an dieser Stelle häufiger über die Implikationen eines erstarkenden Yen geschrieben. Der japanische Yen ist ein Risikoindikator, da er im sogenannten Carry-Trade oft die Finanzierungswährung darstellt. Dabei wird der Yen als Niedrigzinswährung meist auf Pump verkauft. Die Erlöse daraus werden dann in höher verzinsliche Anlagen gesteckt. Laufen beide Seiten dieses Trades gegen die Investoren (Yen steigt, gekauftes Asset fällt), drohen Zwangsglattstellungen. Diese wiederum beflügeln den Yen weiter und potenzieren die Dynamik. Hämmert USD/JPY nicht endlich einen Boden aus, droht dem Gesamtmarkt „risk off“!!!! Der Aktienmarkt wird sich keinesfalls von einem festen Yen abkoppeln können und steigen. Auch der Wall Street (bisher Outperformer) wird dies nicht gelingen. Der jüngste Narrativ, schwacher USD gut für US-Aktien, ist nun wegen der Implikationen für den Yen Geschichte. Das hat der gestrige Tag gezeigt (S&P -1,20%).
  • Sicher ist, die Aussicht auf Negativzins und Helikoptergeld genügt schon jetzt den Aktienmärkten nicht mehr, um ihre Rallye fortzusetzen. Im Gegenteil! Neue Maßnahmen würden die Marktteilnehmer wahrscheinlich nur noch mehr verunsichern. Das hat die NIRP-Bekanntgabe der BoJ im Januar gezeigt. Was kann ihnen jetzt noch helfen??? Nichts!!! Es sei denn, die EZB setzt von nun an täglich um 17:30 fest, wo genau der Dax zu schliessen hat. Die Fed analog im S&P, die BoJ im Nikkei. Wir gehen dann alle zwischenzeitlich an den Strand, machen Party und müssen nicht mehr jeden Tick auf den Bildschirmen verfolgen und interpretieren. So verrückt und weltfremd, wie sich unsere Kaviar-Sozialisten da oben in letzter Zeit präsentiert haben, ist selbst dieser Gedanke nicht mehr von der Hand zu weisen.

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