• In meinem Kommentar Anfang letzter Woche führte ich aus, dass es trotz allen Gegenwinds für die Märkte (hohen Aktienbewertungen, Nordkorea, Reformstau in USA, US-Notenbank mit restriktiver Geldpolitik usw.) durchaus möglich sein könnte, dass die Aktienindizes weiter steigen. Ein Analyst bei der Deutschen Bank ahnte selbiges, als er in einer Analyse feststellte, „Shocks no longer schock“. Noch extremer formulierte es ein von mir sehr geschätzter Broker & Ex-Kollege. „Dem Markt ist es schlichtweg sch***egal, was da draußen gerade passiert.“
    Er ist kein Aktienbulle. Eher das Gegenteil ist der Fall. Er hat aber schlichtweg resigniert und erkannt, dass die Aktienmärkte ein Eigenleben führen. Hätte man uns allen vor zwei Jahren gesagt, dass die Fed die Zinsen erhöht und die Bilanz schrumpft, so wären wir uns einig gewesen sich peau a peau von den meisten Risikoanlagen zu trennen. Denn das Zurückfahren des größten geldpolitischen Experiments der Menschheitsgeschichte, könne nur in einem Crash oder zumindest in einer riesigen Kurskorrektur enden.
    Ja, eigentlich müssten das tatsächlich so passieren. Tut es aber nicht. Zwei Dinge scheint man sich einzureden. Zum einen hält man die geldpolitische Straffung für so gering, dass die Party trotzdem weitergehen kann. Zum anderen rechnet der Markt damit, dass die Notenbank mit QE4 bereit steht, sollte es mit den Kursen an den Finanzmärkten all zu stark nach unten gehen. Ein tatsächlicher Ausstieg aus der Politik des billigen Geldes wird von den Marktteilnehmern kategorisch ausgeschlossen.
  • Damit sind wir tatsächlich in einem Dilemma. Thorsten Polleit, Präsident des Mises Instituts, fasste es die Tage treffend zusammen als er feststellte, dass nicht nur höhere Zinsen die Kreditpyramide ins Wanken bringen würden, sondern auch zu niedrige Zinsen. Er hat recht! Niemanden dürfte in den letzten Jahren entgangen sein, dass bei zu niedrigen Zinsen irgendwann der Kreditmarkt und das Bankensystem nicht mehr funktionieren. Die Fed versuche, so Polleit, sich mit ihrer Politik zwischen diesen zwei Übeln hindurch zu jonglieren. Noch scheint das irgendwie zu funktionieren. Wir sind live dabei und dürfen mitfiebern, wie lange dieser Drahtseilakt noch gelingt.
  • Von den sehr „hawkishen“ Kommentaren Yellens am Dienstag und Mittwoch ließen sich die Aktienmärkte tatsächlich kaum beeindrucken. Auf einer Rede in Cleveland meinte sie es sei „unklug“, die geldpolitischen Zügel erst dann wieder zu straffen, wenn das Zwei-Prozent-Ziel der Fed bei der Inflation erreicht sei. Die vom Markt implizierte Wahrscheinlichkeit für eine Zinserhöhung im Dezember stieg unterdes auf fast 80%. Während die Anleihe- und Devisenmärkte reagierten (Rendite stiegen stark an, Dollar fest, Euro schwach), schien es den Dividendentiteln egal zu sein. Zur Erinnerung, vor weniger als drei Wochen lagen diese „Odds“ noch bei knapp 25%. Der Aktienmarkt hat trotzdem weiterhin die Ruhe weg.
  • Viel diskutiert wird derweil über die Bundestagswahl. Es ist schon Wahnsinn mit welcher Beiläufigkeit die Kanzlerin das Wahldebakel zu Kenntnis nahm. Schlimmer noch, ihre Genossen scheinen nicht zu erkennen, dass Merkel der eigene Machterhalt wichtiger ist als die Zukunft der Partei. Was ist aus der einst so stolzen Union geworden?!? Es wird böse mit der CDU/CSU enden, wenn man mit ihr als Kanzlerin weitermacht.
    Eine Jamaika-Koalition ist wohl alles andere als förderlich für die „Weiter so“ Politik in der Eurozone. Insbesondere die skizzierten Pläne des Ex-Rothschild Bankers Macrons – noch mehr EU-Zentralisierung unter der Führung Frankreichs, in dem jeder Staat seine Souveränität verliert und Deutschland als Zahlmeister und Bürge fungiert – dürften mit einer CSU und FDP so nicht mehr zu machen sein. Für beide Parteien würde es ganz schnell höchst ungemütlich werden, wenn sie der Kanzlerin und ihren grünen Jakobinern einen Freibrief geben würden. Die AfD würde dann noch stärkeren Zulauf bekommen. Es ist unvorstellbar, dass sich Lindner nochmal so wie 2009 bis 2013 von der Kanzlerin über den Tisch ziehen lässt. Die CSU muss bei der Bayernwahl in einem Jahr die verlorenen Wähler zurückgewinnen. Reine Lippenbekenntnisse Seehofers werden da nicht mehr reichen.
    Die Möglichkeit, dass eine Regierungsbildung scheitert und es zu Neuwahlen kommt, wird nicht mehr ausgeschlossen. Was den Dax nicht tangiert, interessiert immerhin den griechischen Aktien-Index. So verlor der ASE in Athen im September über 10%. Der dortige Bankenindex sogar fast 20%.
  • Die oben beschriebene Sorglosigkeit gepaart mit der Hoffnung auf das Steuerpaket Trumps sorgte dafür, dass dem deutsche Leitindex Mitte letzter Woche der Ausbruch aus der Handelsspanne zwischen 12.500 und 12.640 gelang. Hier steckten wir immerhin 11 Handelstage lang fest. Die Situation in der Technik hellt sich damit deutlich auf. Die Frage bleibt, ob Trumps Pläne tatsächlich umgesetzt werden können. Im US-Senat ist man auf Stimmen der Demokraten angewiesen. Wie soll das bitte funktionierten?!? Egal! Aktuell wird jedenfalls mal wieder „Trumpflation“/“Trumponomics“ gespielt. Schauen wir mal, wie lang diese Sau noch durchs Dorf getrieben wird.

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